Geopolitische Zusammenhänge in der heutigen Weltwirtschaft


by

Geopolitische Zusammenhänge in der heutigen Weltwirtschaft. Ein Versuch zum weiteren Verständnis durch Kuno.

Flaggen Russland, USA, Bild: Gegenfrage.com

Wenn ich mit neueren und aktuellen Ereignissen beginne, dann beginne ich mit der neuen und zusätzlichen Gasleitung Nord Stream 2. Ich glaube Folgendes: wenn die USA tatsächlich diese Gasleitung hätten verhindern wollen, dann hätten die USA dieses bereits in der Frühphase der Planung und wirtschaftlichen Entscheidungsfindung tun können. Aber das geschah nicht.

Wird hingegen diese neue und zusätzliche Gasleitung fertig gestellt, wovon auszugehen ist, passiert Folgendes: Die härtesten Gegner von Nord Stream 2 sind Polen, die Ukraine, Lettland, Estland und Litauen. Diese stehen (zusammen mit Ungarn) schon heute aus politischen Gründen in Brüssel nicht hoch im Kurs.

Die Brüsseler Kommissare hatten sogar im Zusammenhang mit der Aufnahme weiterer Immigranten aus Nordafrika Polen und Ungarn mit dem Rausschmiss aus der EU gedroht.

Wird diese Leitung fertig gestellt und das Gas fließt wirklich in die EU, dann wird sich dieser Widerspruch in Europa weiter verhärten und die Gegnerschaft insbesondere zur BRD wird zunehmen.

Die Projektgesellschaft Nord Stream 2 AG wurde gegründet, um die Gasleitung durch die Ostsee zu planen, zu bauen und später zu betreiben. Sitz der Firma ist in Zug (Schweiz). Die Anteile an dieser Gesellschaft werden von PJSC Gazprom gehalten, wobei Gazprom mit einem Anteil von 15 % an der globalen Gasproduktion der größte Gaslieferant der Welt ist.

Die Nord Stream 2 AG hat mit den Gesellschaften ENGIE, OMV, Shell, Uniper und Winterhall-DEA Finanzierungsvereinbarungen getroffen, wobei PJSC Gazprom 51 % an der Gesellschaft hält. Die USA erblicken in der EU und dem wichtigsten Kernstaat Deutschland nicht nur geopolitische Freunde, sondern auch wirtschaftliche Konkurrenten.

Ein harmonisiertes (gleichgeschaltetes) Europa nach Brüsseler Strickmuster wäre neben China und Russland der dritte Konkurrent, um die USA vom jetzigen Thron in der Welthierarchie zu stoßen. Im Jahr 2019 erwirtschaftete allein die BRD einen Handelsüberschuss von 2223,2 Milliarden Euro.

Im gleichen Zeitraum mussten die USA ein Handelsbilanzdefizit von 787 Milliarden Euro hinnehmen. Somit ist Deutschland, neben der EU, China und Japan ein Hauptkonkurrent.



Im Sommer diesen Jahres drohte der US Geopolitiker George Friedman der Bundesregierung: Deutschland werde einen hohen Preis zahlen müssen, wenn es am russischen Gas festhalte. Und wörtlich: „Deutschland kann sich durchsetzen wenn es den nötigen Preis bezahlen kann. Dieses Projekt steht nicht im Einklang mit der Mission der NATO und Deutschland ist Mitglied der NATO. Die Bundesregierung geht jedoch davon aus, dass der Preis nicht so hoch sein wird. Wir werden sehen, ob der Preis nicht so hoch sein wird.“

Allerdings hatten sich die USA bereits früher mit einem solchen „Winkelzug“ selbst geschadet. Hier meine ich die Beendigung der Sanktionen gegen den Iran im Jahr 2013 durch US Präsident Obama. Die Überlegung von Obama dürften Folgende gewesen sein: Russland verdient mit seinen Ölexporten unverhältnismäßig viel Geld.

Wenn wir dem Iran erlauben, wieder Öl zu exportieren, dann wird dieser das auch ungebremst tun, denn schließlich hat er Nachholbedarf. Dieses wird zum einem starken Absinken des Ölpreises führen und Russland und auch Venezuela werden weniger Geld einnehmen.

Selbstverständlich sollte dies nur dann eintreten, wenn der Iran ein Papier unterschrieb, in welchem er versichern sollte keine weiteren Maßnahmen zur Anreicherung von Plutonium in waffenfähiges Material zu unternehmen. Dies geschah dann auch.

Die Ölpreise sanken aber nicht im erhofften Maße, weil sich die OPEC nach langem hin und her auf eine Kürzung der Fördermengen verständigte. Aber der Iran verdiente jetzt wirklich wieder Geld und kaufte dafür Waffen in Russland und in China.

Davon fühlte sich der ewige Gegner Saudi-Arabien bedroht und kaufte neue Waffen, vorzugsweise in den USA. Dann erkannte der neue Präsident Trump, dass die Iraner den Vertrag brachen und setzte die alten US Sanktionen wieder in Kraft. Allerdings gelang es nicht, die UNO zu einem ähnlichen Schritt zu veranlassen. Gleichzeitig stieg die Kriegsgefahr zwischen dem Iran und den Saudis.

Die Krönung aller derzeitiger negativer Geopolitik aber wäre das Ende der von China initiierten Neuen Seidenstraße. Dieses zu torpedieren ist schwierig, weil diese sowohl Europa als auch Afrika nutzt. Bei einem Krieg im Mittelmeer aber wäre die Seidenstraße für lange Zeit tot. Das wollen weder die Saudis, nicht die Iraner und auch nicht die Türkei. Denn diese sind Profiteur der chinesischen Infrastrukturbauten.

So hat China 51 % der Brücke über den Bosporus, welche Asien und Europa verbindet, erworben. Die Türkei ist ein ganz wichtiges Glied in der Planung Chinas für die Neue Seidenstraße. Denn der Großteil der künftigen Waren soll mit der Eisenbahn transportiert werden. Und dieses sogar mit Hochgeschwindigkeitszügen.

China hat heute schon mit rund 11.000 Km das längste Hochgeschwindigkeitsnetz der Welt und dehnt dieses weiter aus. Organisation und Technik kommen dann aus China und europäische Ingenieure müssen sich anstrengen wenn auch europäische Technik eingesetzt werden soll.

Wir leben in wahrhaft unruhigen Zeiten. Die Welt ist nicht nur wegen Corona in Bewegung und im Wandel begriffen. Die USA werden voraussichtlich alles tun um ihren Abstieg zu verhindern. Das ist deren gutes Recht, solange die wirtschaftlichen Interessen der Wettbewerber nicht beeinträchtigt werden.

Dabei wird nicht jede Einzelentscheidung eines oder mehrerer Staaten das bezwecken, wonach es zunächst aussieht. Die Gasleitung Nord Stream 2 ist dabei ein gutes Beispiel. Die USA profitieren politisch von diesem russischen Gas und erleiden zugleich einen wirtschaftlichen Nachteil.

Wir werden bald sehen, was genau geschieht.

6 Comments

  1. Werbelink:



  2. Gern. Die Sache mit der Gasleitung werden allerdings einige Leser als zu spekulativ empfinden.
    Fakt ist aber, dass die US Regierung in der gesamten Planungsphase der Gasleitung nichts dagegen unternommen hatten.

  3. Wenn Imperien sterben, dann schlagen sie wie wild um sich.
    Was haben die Verantwortlichen in den USA in den letzten 15 Jahren denn noch konstruktives hinbekommen, außer dass sie einen Präsidenten hatten, der sich gerühmt hat, dass sich die USA in seiner ganzen Amtszeit im Krieg befunden hat.
    Wenn die Gesetze noch gelten würden, nach denen die Nazi-Verbrecher in Nürnberg abgeurteilt wurden, müsste jeder Nachkriegs Präsident der USA gehängt werden.
    Die Infrastruktur des Landes verrottet und die Städte gehen im Chaos von Gewalt unter, so wie eben alle Imperien untergehen.
    Es wird dann noch verzweifelt versucht zu verhindern, dass ich die Verbündeten sich den Erzfeinden zuwenden, oder mit ihnen Geschäfte machen; dafür sind alle Mittel recht, auch hin bis zur Lächerlichkeit.

    Viele Grüße aus Andalusien
    Helmut

  4. Naja, mein lieber Helmut, wo Schatten ist da muss auch Licht sein. Deshalb würde ich bezüglich der USA nicht sagen: das Glas ist halb leer, sondern es ist halb voll.
    Wie lange die Europäer noch ihren Sozialstaat, den es in ähnlicher Form auch in den USA gibt, noch finanzieren können, das wird die Frage sein.

    Aber in der Tat befinden sich die USA in einem weltpolitischen Ringen gegen jeden tatsächlichen oder möglichen Konkurrenten. Genau das hatte ich ja im Beitrag beschrieben, nämlich dass die Beendigung der Sanktionen gegen den Iran (nach meiner Ansicht) wenig mit dem Iran zu tun hatte, als vielmehr mit dem russischen und venezulanischen Gegner. Denn wenn man dem Iran erlaubt, unbegrenzt Öl zu verkaufen, dann hätte der Ölpreis stark sinken müssen. Tatsächlich tat er das aber nur teilweise und nicht im gewünschen Maße.

  5. …das Glas ist halb leer, sondern es ist halb voll…

    Hallo Kuno,
    ich denke das Glas ist weder halbvoll, noch halb
    leer.
    Es ist einfach nur doppelt so groß wie es sein müsste.
    Wenn die USA sich nicht in allen Richtungen so aufblasen würden, wie es eben Imperialisten tun, dann kämen wir mit einem halb so großen Glas aus, und es wäre immer voll.
    Die USA werden das Glas nie mehr voll bekommen, egal in welche Richtung; selbst (oder auch) ihre Fracking-Industrie wird das Glas nicht mehr voll bekommen.
    Und schon gar nicht werden die Völker dieser Welt in Zukunft dafür sorgen, dass ein Glas voll ist, dass die USA durch die Druckerpresse gerne füllen würden.

    Viele Grüße aus Andalusien
    Helmut

  6. Ja, mei, glaubst Du denn allen Ernstes Spanien würde sich anders verhalten oder Luxemburg? Vorausgesetzt es wäre in dergleichen Lage wie heute die USA?

    Wenn wir uns heute die aus den Fugen geratene Welt anschauen, wo ungestraft ein Land (Aserbeidschan) mit lauter Unterstützung der Türkei ein anderes Land angreifen kann, so brauchen wir einen Weltpolizisten und die UNO ist keiner. Dazu gehört auch Entschlossenheit- und diese haben die USA mehrfach unter Beweis gestellt.
    Wer sollte denn diese Rolle spielen? Russland kann es nicht und China wäre ungeeignet aus vielen Gründen.
    Und Merkeldeutschland sollte es nicht sein.

    Aber lassen wir das, mein lieber Helmut, wir müssen ja nicht in hundertprozent allen Fragen übereinstimmen.
    99 % genügen doch auch.

Schreibe einen Kommentar