Zweiter Weltkrieg
Wie die Briten deutsche Generäle abhörten


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Im Zweiten Weltkrieg brachten die Briten ranghohe deutsche Kriegsgefangene in vollständig verwanzte Luxusresidenzen und kamen so an wertvolle Informationen, die für den Kriegsverlauf von entscheidender Bedeutung waren.

Abhören deutsche Generäle
Abhören deutsche Generäle, Bild: Gegenfrage.com

Tausende deutsche Kriegsgefangene, die während des Zweiten Weltkriegs in England gefangen gehalten wurden, wurden von „heimlichen Zuhörern“, die selbst deutsche Flüchtlinge waren und für die Briten arbeiteten, abgehört.

Die Historikerin Helen Fry und eine der letzten überlebenden Zuhörer erklären, wie die Gefangenen dazu verleitet wurden, Geheimnisse der Deutschen preiszugeben. Eine Gruppe deutscher Generäle, die während des Zweiten Weltkriegs gefangen genommen wurden, verstanden die Welt nicht mehr.



Anstatt dass man sie in ein Internierungslager verfrachtete, schickte man sie in ein luxuriöses Anwesen. Dort teilte man ihnen persönliches Service-Personal zu, gab ihnen Wein und gutes Essen. Nach einiger Zeit begannen sie damit, die Briten für dumm zu halten. Sie schrieben Briefe an ihre Familien, in denen sie vom Paradies auf Erden berichteten.

Jeder Winkel wurde abgehört

Was die Gefangenen jedoch nicht wussten, war, dass der britische Geheimdienst jeden Winkel des Gebäudes abhörte. Alles war verwanzt, von Lampenschirmen und Blumentöpfen bis hin zum Billardtisch, wo sich die Generäle entspannten und sich unterhielten.

So sammelten sie Informationen über das deutsche Militär und die deutsche Politik während des Zweiten Weltkriegs. Das Ganze fand an drei verschiedenen Orten statt: Im Latimer House in der Nähe von Amersham, im Wilton Park in der Nähe von Beaconsfield, beide in Buckinghamshire, und Trent Park in der Nähe von Cockfosters im Norden Londons.

Die ersten beiden hielten gefangene U-Boot-Besatzungen und Luftwaffenpiloten fest, die eine oder zwei Wochen lang abgehört wurden, bevor sie in die konventionelle Gefangenschaft gebracht wurden. Ranghöhere Generäle, deren Zahl im Verlauf des Kriegs auf 59 anstieg, wohnten bis zum Ende des Kriegs in Trent Park.

Versteckt in jeder der drei Luxusresidenzen befanden sich pro-britische Deutsche, die im „M Room“ (das „M“ für Mikrofon) als „heimliche Zuhörer“ agierten. Laut der Historikerin Helen Fry war das Abhören der deutschen Generäle von entscheidender Bedeutung für den Kriegsverlauf.

Unbegrenztes Budget

Die dadurch gewonnenen Informationen waren teilweise so brisant, dass die britische Regierung ein unbegrenztes Budget dafür bereitstellte. Der MI6-Agent Colonel Kendrick veranstaltete Gartenpartys mit den Wehrmacht- und SS-Generälen, wo diese in entspannter Stimmung offen plauderten.

Was die Generäle nicht ahnten: Kendrick verstand perfekt deutsch und konnte auch hier zahlreiche Informationen sammeln. Premierminister Winston Churchill sagte über Trent Park, dass dies einen einzigartigen Einblick in die Psyche des Feindes gebe.

Auf diese Weise schafften es die Briten, die Denkweise des Feindes zu verstehen und zahllose militärische Geheimnisse zu erhalten. So konnten die Briten etwa durch das Abhören der Generäle im Mai 1943 eine V2-Rakete in Peenemünde an der Nordküste Deutschlands lokalisieren und zerstören.

Bis zum Ende des Kriegs wurden mehr als 100.000 Abhörprotokolle erstellt, die laut Fry „das meiste von dem ausmachten, was wir über Deutschlands militärische Fähigkeiten wussten“.

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bbc
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