Am 12. Juni 1999 verweigerte der britische Drei-Sterne-General Mike Jackson den NATO-Befehl, russische Truppen anzugreifen. Damit verhinderte er eine militärische Katastrophe und möglicherweise den Ausbruch eines Weltkriegs.
Der Kosovo-Krieg endete am 11. Juni 1999. Eine gemeinsame Friedenstruppe, bestehend aus Streitkräften der NATO und Russlands wurde in den Kosovo verlegt. Russland hatte erwartet, einen von der NATO unabhängigen Sektor zu erhalten. Dies wurde jedoch abgelehnt, was die russische Regierung verärgerte.
Grund für die Ablehnung war die Sorge, dass ein separater russischer Sektor zu einer Teilung des Kosovo in einen serbisch kontrollierten Norden und einen albanischen Süden führen könnte. Das Allied Rapid Reaction Corps (ARRC) wurde Anfang März 1999 in der Republik Mazedonien in Skopje, Republik Mazedonien, eingesetzt.
Ziel war es, einen NATO-Befehl für mehrere nationale Kontingente zu schaffen. Darunter ein US-Bataillon, das bereits seit einigen Jahren in Mazedonien stationiert war, gemeinsam mit britischen, deutschen, französischen und italienischen Truppen. Diese Einheit wurde als Kosovo Force (KFOR) bekannt.
Kommandeur der KFOR war der britische Drei-Sterne-General Mike Jackson. Sein Vorgesetzter war US-Admiral James O. Ellis, NATO-Kommandeur für Südeuropa, mit Sitz in Neapel. Ellis berichtete an Wesley Clark, dem Obersten Kommandanten in Europa. In der Praxis erteilte Clark des öfteren direkt Befehle an Jackson und umging Ellis.
Russlands Perspektive
Russland betrachtete die Friedensmission im Kosovo nicht als Erfolg der Bombardierungen durch US- und NATO-Truppen, sondern als Ergebnis russischer Diplomatie. Zudem dachte man überhaupt nicht daran, zuerst die USA zu fragen, wo russische Soldaten sich aufhalten dürfen.
Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sich Russland als Schutzmacht Serbiens verstand. Die Serben wurden von den Russen als „Brudervolk“ betrachtet. Von Beginn an sprach sich Russland gegen den Kosovokrieg aus und fühlte sich übergangen.
Am 11. Juni 1999 zog eine Kolonne von etwa dreißig russischen SFOR-Panzerwagen mit 250 Soldaten, die Teil der internationalen Friedenstruppe in Bosnien waren, nach Serbien. Die Russen hatten zuvor „KFOR“ auf ihre Fahrzeuge geschrieben und befanden sich aus Bosnien kommend auf dem Weg zum Flughafen in Pristina.
Genauer ging es um den Luftwaffenstützpunkt Slatina in direkter Nähe des Flughafens. Dort befanden sich unterirdische Bunker und Staffeln der serbischen Luftwaffe, die die NATO-Bombardierungen nahezu unbeschadet überstanden hatten. Die NATO wie auch Russland hatten großes Interesse an der Kontrolle über die Basis.
NATO erteilt Schießbefehl auf russische Soldaten
Als der amerikanische NATO-Kommandeur Wesley Clark hörte, dass die Russen auf dem Weg dorthin waren, wollte er sie unbedingt daran hindern, den Flughafen zu besetzen und ordnete eine Luftlandeoperation an. Große NATO-Hubschrauber sollten die russischen Truppen zudem behindern, notfalls mit militärischer Gewalt. Clark erteilte den Truppen also einen Schießbefehl.
Der britische General Mike Jackson jedoch erwiderte: „Ich werde nicht für Sie den Dritten Weltkrieg beginnen“ (I’m not going to start the Third World War for you) und verweigerte den Befehl. Er machte Clark klar, dass er die Nase voll davon habe, Befehle aus Washington zu erhalten von Personen, die weder vor Ort seien, noch Ahnung vom Geschehen hätten.
Clark befahl Jackson, als KFOR-General zurückzutreten. Jackson wandte sich an die britische Regierung und erklärte, er wolle lieber zurücktreten, als auf die Russen zu schießen. London unterstützte Jackson und schaffte es, den Befehl trotz erheblichen Widerstands Clarks zurückzuziehen.
Diese Befehlsverweigerung verhinderte eine militärische Katastrophe und möglicherweise den Ausbruch eines Weltkriegs. Wesley Clark wurde im April 2000 von General Hugh Shelton, dem Vorsitzenden der US Joint Chiefs of Staff, von seiner Position als Supreme Allied Commander Europe (SACEUR) entlassen.
Nach meiner Erinnerung ging es zwar nur um einen Beschuss mit Granaten (ungezielt) in ein von Russen gehaltenes Gebiet und nicht um direkten gezielten Beschuss. Aber lassen wir das mal dahingestellt. Der Spiegel hatte nämlich damals darüber berichtet. Der Satz: „Sir, ich werde für Sie bestimmt nicht den Dritten Weltkrieg auslösen“ ist verbürgt.
Aber auch das würde ich nicht überbewerten, denn die russische Armee befand sich 1999 in einem schlechten Zustand. Wegen ein paar toten Soldaten gefährdet man nicht das Leben von 145 Millionen Russen!
Die Waffenbrüderschaft der Russen mit den Serben geht auf den Beginn des Ersten Weltkriegs zurück.
Aber auch das gehört kritisch beleuchtet. In der Duma wurde der Zar nämlich schlichtweg überstimmt. Der Zar wollte den Krieg gegen Deutschland und seinen Verwandten, Kaiser Wilhelm II nicht. Aber der Druck in der Duma war so stark, dass er schließlich zustimmte. Er wollte noch ein Erklärungsschreiben an Wilhelm verfassen, aber russische Nationalisten waren soeben in die deutsche Botschaft eingedrungen und hatten den Botschafter und den anwesenden Teil des deutschen Personals erschlagen.
Deshalb hätte dieses persönliche Schreiben nicht mehr zugestellt werden können. Hätte der Zar standgehalten, wäre der Krieg gegen Frankreich und England und ab 1917 die USA ganz anders verlaufen. Wahrscheinlich hätten dann auch die Italiener still gehalten und die Neutralität nicht gebrochen. So lag der Schlüssel für Krieg und Frieden hauptsächlich in Moskau. England hatte sich längst für einen Krieg gegen das Reich entschieden und wartete nur auf einen passenden Grund. Frankreich seinerseits war mit dem serbischen Geheimdienst verbandelt und hatte die Ermordung des Kronprinzen mit eingefädelt.
Quelle: Jan Pikalkewitsch (möglicherweise jetzt von mir falsch geschrieben). Polnischer Historiker.
Hallo Bürgender,
ich habe früher einmal die Mailadresse von @Kaiser Wilhelm gehabt. Jetzt leider nicht mehr.
Könntest Du mir diese einmal zusenden?
@Markus
Ja, England musste eingreifen, als die Kontinentalmächte einen Krieg begannen. Aus der Sicht Englands war der Krieg der eigene Sargnagel, egal mit welchem Ausgang. Die Niederlage Deutschlands war hier nur eine Art Schadensbegrenzung.
Ich frage Kaiser Wilhelm, ob es okay ist. Habe selbst ewig nichts von ihm gehört.
Hallo Bürgender,
Die Welt- und Kolonialmacht Groß-Britannien hatte 1872 untätig zugesehen, wie das eben gegründete Deutsche Reich die französischen Truppen schlug und das seit langem besetzte Elsass und Lothringen hergeben musste.
Später schrieben konservative Zeitungen, dies sei ein Fehler gewesen. Denn jetzt gäbe es auf dem Kontinent einen starken Zentralstaat, der irgendwann England herausfordern werde.
Genau deshalb, weil dies der Kaiser in Berlin gewusst haben muss, werfe ich Wilhelm II große Naivität vor. Diese Sache hatte zwar unter der Regentschaft seines Vaters stattgefunden, aber er glaubte der Erklärung des britischen Königs Eduard, wie er auch der Erklärung des Zaren Nikolaus glaubte. Als dann die wechselseitigen Kriegserklärungen unvermeidlich waren, waren die Würfel leider gefallen und ohne Gesichtsverlust war da keine Umkehr möglich. Russland hatte übrigens schon Mitte Juli verdeckt mobil gemacht und stand daher am 2. August vollzählig zum Angriff auf Ostpreussen bereit.
Eigentlich gab es für die Engländer überhaupt keinen Grund in den Konflikt zwischen Deutschen, Österreichern, Russen und Franzosen einzugreifen. Deshalb musste ja nach außen hin die Neutralität Belgiens herhalten. Hätte man aber nicht eingegriffen, hätten die Deutschen die Franzosen in alter Tradition rasch geschlagen. Die Russen hätten dann mangels Siegeschancen den Frieden gesucht. Das Flottenbauprogramm wäre dann von einem riesigen Deutschen Reich sicherlich ohne Einverständnis der Briten fortgesetzt worden. Laut einigen Historikern war das ein wichtiger Grund für die überraschende Kriegserklärung der Briten an die Deutschen, was den Konflikt überhaupt erst zu einem Weltkrieg machte.
Hätten sie den Deutschen nicht den Krieg erklärt und die Franzosen und die Russen hätten den Sieg im Alleingang geschafft, hätten die Engländer dadurch an Relevanz verloren oder wären vielleicht sogar zum Feind erklärt worden. Ebenfalls aus Sicht der Briten nicht wünschenswert. Da rauchten in London sicherlich die Köpfe!
Wenn es richtig ist, was Markus schreibt, nämlich das die britische Politik nach 1872 begriff, dass es ein schwerer Fehler war den Franzosen nicht geholfen und die Reichsgründung verhindert zu haben, dann hatten die Briten sehr wohl einen Grund.
Denn diesen Fehler von 1872 wollten diese dann 1914 ausbügeln. Zwar war Deutschland als Staat seit 1872 eine Realität, aber die Größe dieses Staates wollten die Briten reduzieren- welches auch geschah.
Zusätzlich bereicherten sich die Briten an den deutschen Kolonien in Afrika, denn der Zugriff auf diese erfolgte nicht am Ende des Krieges, also 1918, sondern bereits im Frühjahr 1915.
Hallo ELCID,
ich habe deshalb oft Recht, weil ich Geschichte verstanden habe. Aber ich werfe gelegentlich, weil ich fast immer aus der Erinnerung schreibe, einzelne Daten durcheinander.
Aber das ist unbedeutend, weil es nicht darauf ankommt, ob der britische König Eduard oder George hieß.
Man muss nur wissen, dass Staaten nur Interessen, aber keine Freunde haben.
Deshalb halte ich das aktuelle Experiment in Europa mit all seinen „Freunden“ für interessant und für noch lange nicht entschieden.
Ich empfehle, obwohl ich sonst keine Werbung für brauchbare Literatur mache, zur Erhellung der Situation:
„England, die Deutschen, die Juden und das 20. Jahrhundert“
von Peter Haisenko. Das Buch, Auflage 2010 und 2016
kann bei Amazon bestellt werden.
Der Inhalt ist kein Müll! Das merkt man schon nach den ersten Seiten.