1940er Jahre: USA planten Mega-Atomschlag gegen Russland


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Zwischen den 1940er- und 1960er-Jahren warteten die USA laut einem erst Jahrzehnte später freigegebenen Geheimdokument förmlich nur auf den geringsten Anlass, um einen Atomschlag gegen die Sowjetunion und China durchzuführen. Selbst ein „versehentlicher Vorfall“ hätte als Grund dafür ausgereicht. Laut einem Operationsplan der USA sollten auf einen Schlag mindestens 285 Millionen Menschen in der Sowjetunion, Osteuropa und China ausgelöscht werden.

USA Atomschlag Russland
USA Atomschlag Russland, Bild: Gegenfrage.com

Ein im Jahr 2012 veröffentlichtes Geheimdokument aus den 1960er-Jahren zeigt, dass die USA einen Atomschlag gegen Russland und China geplant hatten für den Fall eines Angriffs eines der beiden Länder auf die USA, selbst wenn es sich dabei nur um ein Versehen gehandelt hätte.

Das Dokument wurde im Jahr 2015 in Washington von den National Security Archives veröffentlicht. Das Protokoll war bis 1968 in Kraft. Die US-Regierung unter dem damaligen Präsidenten Lyndon Johnson ordnete eine Überprüfung an, worauf dieser Plan eingestellt wurde.

Johnsons Berater empfahlen dabei angeblich zwei wesentliche Änderungen an der derzeitigen Politik: Zunächst forderten sie eine „nukleare Reaktion“ nur gegen Staaten, die die USA direkt angreifen. Zudem riefen sie die Regierung zu einer „No first-use“-Politik auf. Ein konventioneller Angriff solle also nicht nuklear beantwortet werden.



Das Protokoll mit der Aufschrift „nur für die Augen des Präsidenten“ wurde Ende November 2012 an das National Security Archive übergeben und erstmals für die Öffentlichkeit freigegeben. Dem gingen allerdings atemberaubende militärische Planungen Großbritanniens und der Vereinigten Staaten voraus, wie man heute weiß.

Winston Churchills „Operation Unthinkable“

Nur wenige Wochen nach der Niederlage Deutschlands plante Großbritannien zudem eine Invasion der Sowjetunion, „um Russland den Willen der Vereinigten Staaten und des britischen Empire aufzuerlegen.“ Es wurde intensiv an Plänen gearbeitet, um die Sowjetunion rasch zu zerschlagen, wenn nötig auch mit Hilfe eines massiven Atomschlags.

Churchill drängte auf einen Atomschlag gegen die durch den Krieg geschwächte Sowjetunion und traf in der Politik und beim Militär der USA auf offene Ohren. Er legte als Angriffstermin den 01. Juli 1945 fest. Um der zahlenmäßig überlegenen Roten Armee zu begegnen sollten zudem 100.000 Soldaten der deutschen Wehrmacht an der Seite Großbritanniens und der USA gegen die Sowjetunion kämpfen.

Britische Militärs bezeichneten den Plan jedoch als nicht durchführbar, weshalb die ganze Aktion abgeblasen wurde. Dennoch hielt man an der Idee fest: Zwischen 1945 und 1949 entwickelte das Pentagon mindestens neun Pläne für einen Atomschlag auf die UdSSR.

Dies schrieben Dr. Michio Kaku und Daniel Axelrod in ihrem Buch „To Win a Nuclear War: the Pentagon’s Secret War Plans“ (s. ), wofür die beiden US-Forscher heute freigegebene Geheimdokumente aus dieser Zeit durchforsteten. Im Jahr 1949 wurde Operation Dropshot ins Leben gerufen, der Plan für einen „Erstschlag“ der USA gegen die Sowjetunion.

Das Pentagon plante die Zerstörung der Sowjetunion ohne einen Schaden für die Vereinigten Staaten. Mindestens 300 Atombomben und 20.000 Tonnen konventionelle Bomben sollten dem Plan zufolge auf 200 Ziele in 100 städtischen Gebieten abgeworfen werden, einschließlich Moskau und Leningrad (St. Petersburg).

Darüber hinaus wurde „ein großer Land-Feldzug gegen die Sowjetunion“ geplant, um gemeinsam mit europäischen Verbündeten einen „vollständigen Sieg“ über die Sowjetunion zu erlangen. Starttermin für den Angriff war der 1. Januar 1957.

Nicht genügend Atombomben

Für lange Zeit war das einzige Hindernis für die massive nukleare Offensive schlichtweg der Umstand, dass das Pentagon nicht genügend Atombomben zur Verfügung hatte, um den Plan in vollem Umfang durchzuführen. 1948 verfügte Washington über ein Arsenal von 50 Atombomben und nur 32 B-29 Bomber, die in der Lage waren diese abzuwerfen.

Im September 1948 unterzeichnete US-Präsident Truman ein Papier des Nationalen Sicherheitsrats (NSC 30) mit dem Titel „Policy on Atomic Warfare“. Darin wurde erklärt, dass die Vereinigten Staaten bereit sein müssten, zeitnah und effektiv alle verfügbaren geeigneten Mittel, einschließlich Atomwaffen, einzusetzen, um dem Interesse der nationalen Sicherheit nachzukommen.“

Doch blieb die Sowjetunion nicht tatenlos und arbeitete mit Hochdruck an entsprechenden Gegenmaßnahmen. Am 29. August 1949 erfolgte der erste sowjetische Atombombentest, was die Pläne der USA zunächst auf Eis legte.

Irgendwann im Jahr 1960 wurden die US-Nuklearkriegspläne in einem einzigen Operationsplan formalisiert, dem Single Integrated Operational Plan (SIOP). Dieser sah einen massiven Atomschlag gegen die Sowjetunion, China und Osteuropa vor.

3.500 Atombomben sollen 285 Millionen Menschen töten

Die strategischen Streitkräfte der USA planten fast 3.500 Atomsprengköpfe ein, um ihre Ziele zu bombardieren. Nach Schätzungen von US-Generälen hätte der Atomschlag den Tod von mindestens 285 Millionen Menschen, höchstens 425 Millionen Menschen bedeutet. Einige der europäischen Verbündeten der UdSSR wären dadurch „komplett ausgelöscht“ worden.

„Wir sind gerade dabei Albanien auszulöschen“, scherzte US-General Thomas Power während einer Planungskonferenz des SIOP. Allerdings führte die Kennedy-Regierung bedeutende Änderungen an dem Plan ein und bestand darauf, dass nach Möglichkeit keine sowjetischen Städte bombardiert werden sollten.

Die Nuklearstreitkräfte sollten sich nicht auf die Ermordung von Zivilisten, sondern auf ihre Rivalen konzentrieren. Im Jahr 1962 wurde der SIOP dahingehend geändert, jedoch wurde noch immer ein Atomschlag erwägt, der Millionen Menschen das Leben gekostet hätte.

All dies führte zu einem Wettrüsten mit der Sowjetunion. Über insgesamt 70.000 Atomsprengköpfe verfügten die beiden Militärmächte zeitweise zusammengerechnet. Bis heute sind die Vereinigten Staaten die einzige Nation, die jemals Atomwaffen gegen ein anderes Land eingesetzt hat (Hiroshima und Nagasaki).

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presstv, sputniknews
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