Märchenstunde: Der Aufschwung


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Mal wieder ist es mein Lieblingsblatt SPIEGEL, das uns in dieser Woche mit einer reißerischen Schlagzeile verblüfft: „Turbo-Aufschwung – Deutschen Firmen gehen die Arbeiter aus“. Viele Firmen würden über Probleme klagen, genügend qualifizierte Fachkräfte zu finden. Vor allem aber Zeitarbeitsfirmen seien in Not. Etwa jede dritte freie Stelle komme aus dieser Branche. Fantastisch! Deutschlandweit suchen derzeit nur noch knapp 3,08 Millionen Menschen eine Arbeit. Heißt es. So niedrig war die Zahl der Arbeitslosen in einem April seit 1992 nicht mehr. Nanu, was ist denn da los? Die deutsche Wirtschaft wächst weiter, freut sich das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Das Bruttoinlandsprodukt legte im ersten Quartal 2011 um 0,9 Prozent zu. Nun gut, bei einer Teuerungsrate von 2,4 Prozent – real wohl mindestens doppelt so hoch, Importpreise sind sogar fast fünfmal so stark gestiegen – relativiert sich dieses „Wachstum“ wieder.

Doch sei’s drum. Den Beschäftigten in der freien Wirtschaft geht es blendend! Zumindest den zahlreichen Top-Managern und Inhabern der GmbHs, die von der Geldflut profitieren. Denn das produzierende Volk bekommt von diesem Aufschwung wohl nicht viel mit – höchstens vom Preisaufschwung in den Regalen der Supermärkte. Sehr gute Nachrichten für sehr reiche Leute, schlechte Nachrichten für alle anderen. Letztere gehen nicht nur leer aus, sondern werden über steigende Energiepreise und Krankenversicherungsbeiträge weiter geschröpft, damit es der steuerfreien Wirtschaftselite an nichts fehlt und schweizer Schwarzgeldkonten wieder aus allen Nähten platzen. Die sogenannten „Netto-Neugelder“ der Schweizer Großbank UBS kletterten in den vergangenen drei Monaten übrigens von 7,1 Milliarden auf 22,3 Mrd. Franken. Ein Großteil davon stammt von sogenannten „Ultra-High-Net-Worth-Kunden“ aus dem Ausland, so die Bank. Ob damit Bauarbeiter und Verkäuferinnen aus Wanne-Eickel gemeint sind?

Ach ja, noch mal zu den 3,08 Millionen „Arbeitssuchenden“: In der amtlichen Statistik tauchen Personen, die 15 Stunden pro Woche arbeiten und aufgrund einer zu geringen Entlohnung Hartz-IV-Leistungen nutzen müssen, nicht auf. 1-Euro-Jobber werden ebenfalls nicht mitgezählt. Die offizielle Begründung: Diese Menschen stehen nicht für eine Vermittlung zur Verfügung. Auch werden Erwerbslose nicht mitgezählt, die „Maßnahmen zu beruflichen Weiterbildung“ nachgehen. Geförderte Selbständige, Arbeitslose in Betreuung, Studenten, Frührentner, Erwerbslose, die sich nicht beim Arbeitsamt melden tauchen ebenfalls nicht auf und so weiter und so fort.

Ein Leser dieser Seite formulierte es kürzlich treffend: Dieser Aufschwung ist wie ein Tsunami, der das Wasser erst ins Meer zieht, um es dann tief ins Landesinnere zu fluten. Aber hey, demnächst kommen überladene Reisebusse voll mit hochmotivierten Arbeitern aus Osteuropa über die nicht vorhandenen Landesgrenzen, denen der deutsche Arbeitsmarkt von nun an frei zur Verfügung steht. 140’000 davon werden ab jetzt jährlich erwartet. Hurra! Dann wird der durchschnittliche Stundenlohn sicherlich noch einmal heruntergeschraubt und die Party geht in die nächste Runde.

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  2. Wem kann man vertrauen?
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    Finanzkrise, Wirtschaftskrise und Griechenlandkrise: Das Vertrauen der Verbraucher in die Banken, in den Euro und in staatliche Institutionen ist erschüttert. Panik ist unangeracht, doch sollten Sie jetzt alle Finanzanlagen überprüfen und gegebenenfalls umschichten, um sich gegen steigende Inflation abzusichern.

    Wenn der Staatsbankrott droht
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    Hohe Staatsschulden, steigendes Misstrauen, wenig Sicherheit. Wie Europas Staaten an den Rand eines Bankrotts getrieben werden und Anleger ihr investiertes Kapital verlieren.

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