Irans große Hungersnot von 1917-1919


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Rund 40 Prozent der Bevölkerung bzw. zwischen 8 und 10 Millionen Iraner verhungerten während der britischen Besatzung im Ersten Weltkrieg.

Iran Hungersnot 1917-1919
Iran Hungersnot 1917-1919, Bild: heutige Flagge, Gegenfrage.com, Motiv gemeinfrei

Während der britischen Besatzung im Ersten Weltkrieg verhungerten etwa 40 Prozent der iranischen Bevölkerung. London unternahm nicht nur nichts gegen die Hungersnot, sondern verstärkte diese noch. Beispielsweise durch Konfiskation von Getreide, den Einfuhrstopp von Lebensmitteln und die Blockade des Zahlungsverkehrs.

Die Große Hungersnot von 1917 – 1919 ist zweifellos die größte Katastrophe in der Geschichte Persiens, die bis heute leider nur sehr wenig Aufmerksamkeit erhalten hat. In dieser Zeit starben etwa 40 Prozent der iranischen Bevölkerung.



Ein wesentlicher Grund dafür, so schrieb Mohammad Gholi Majd in seinem Buch „The Great Famine and Genocide in Persia, 1917-1919“ (auf ), war die Finanz- und Geschäftspolitik der britischen Besatzer im Ersten Weltkrieg.

Im Allgemeinen, so Majd, kann man die Ursachen der Hungersnot in zwei Kategorien unterteilen. Die natürliche Ursache für die Not war das hohe Niveau atmosphärischer Niederschläge, Kälte und Flut, Pandemien wie Cholera und Pest, Tierpandemien sowie Zerstörungen durch eine Heuschrecken- und Schildwanzenplage.

Die menschlichen Ursachen waren Krieg, Inkompetenz, Blockade, korrupte Regierungen, Diktaturen, mangelndes Vertrauen zwischen Menschen und Herrschern, Chaos, Grausamkeiten und Gewalt.

Aufgrund seiner geographischen Bedingungen sah sich der Iran während seiner Geschichte häufig mit Hungersnöten konfrontiert. Die Große Hungersnot von 1917-1919 ist eine davon. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges, die Besetzung des Iran und vor allen Dingen die britische Politik während der Okkupation stellten ein katastrophales Unglück dar.

Briten, Russen und Türken überfallen den Iran

Im Ersten Weltkrieg verletzten Großbritannien, Russland und das Osmanische Reich die Neutralität Irans und drangen militärisch in das Land ein. Nach dem Waffenstillstand zwischen Russland und den Osmanen und dem Beginn der bolschewistischen Revolution in Russland wurden die Truppen aus dem Iran abgezogen und Großbritannien besetzte somit einen riesigen Teil des Nahen Ostens allein.

Russland berief sich auf im August 1907 und März 1915 unterzeichnete Verträge mit Großbritannien, laut denen der Iran zwischen beiden Mächten aufgeteilt war. Doch als historischer Rivale Großbritanniens waren die Anstrengungen des Russischen Kaiserreichs vergebens.

Großbritannien besetzte den Iran bis Juni 1918, verließ das Land jedoch erst im Februar 1921, wenige Tage nach dem iranischen Putsch am 22. Februar. In diesem Zeitraum fand die größte Katastrophe der Geschichte Persiens statt, die Große Hungersnot von 1917-1919.

8 bis 10 Millionen Tote

Zwischen 8 und 10 Millionen Iraner kamen dabei ums Leben. Die britische Regierung unternahm nicht nur nichts, um die Hungersnot zu lindern. Sie verstärkte diese noch durch Konfiskation lokaler Lebensmittel und Getreide. Zudem verhinderte London den Import von Lebensmitteln aus Indien, Mesopotamien und den USA.

Sie blockierte den Zahlungsverkehr, sodass der Iran keinen Öl-Handel mehr betreiben konnte. Bereits 1916 begann die Hungerkrise und bis Sommer 1919 fand diese kein Ende. Der Mangel an Lebensmitteln wandelte sich in eine zerstörerische Hungersnot. Bis Herbst 1917 fehlte vor allem Weizen, was den ganzen Iran, vor allem die Nord- und Grenzgebiete und auch Teheran betraf.

So waren bereits vor Anbruch des Winters keine Nahrungsmittel mehr vorhanden und zahllosen Menschen drohte der Tod. In ihrer Not aßen die Menschen sogar Baumwurzeln, Tierkadaver und auch von einigen Fällen des Kannibalismus wurde berichtet.

Hyperinflation und Seuchen

Lebensmittel waren nahezu nirgends mehr und nur zu unbezahlbaren Preisen erhältlich. Der Preis für Weizen stieg von 4 Tumân je 300 Kilo auf 400 Tumân je 300 Kilo und der Preis für Gerste stieg von 2 Tumân je 3 Kilo auf 200 Tumân je 3 Kilo.

Eine Typhus-Epidemie brach aus. Der damalige amerikanische Konsul in Iran sagte: „Ich selbst konnte sehen, wie Leichen und verhungernde Personen sterbend am Straßenrand lagen. Ich konnte zudem beobachten, wie hungernde Menschen Tierkadaver sowie Blätter und Gräser verschlangen, sofern die sengende Sonne nicht schon alles verbrannt hatte.“

Im Jahr 1914 wurden 20 Millionen Menschen im Land gezählt, 1919 nur noch 11 Millionen. Es handelt sich dabei um die wohl schlimmste Katastrophe Persiens und laut einigen Experten um den größten Genozid des 20. Jahrhunderts. Weltweit starben während des Ersten Weltkriegs rund 17 Millionen Menschen. Die 8-10 Millionen iranischen Opfer wurden dabei nicht berücksichtigt.

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irdc, kavehfarrokh, parseandparse, iranmilitaryforum
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