Warum ist Rohmilch in vielen Industrieländern illegal?


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Aus Gründen des Gesundheitsschutzes darf Rohmilch in den meisten westlichen Ländern nur unter Sonderauflagen oder überhaupt nicht verkauft werden. Rohmilch kann gefährliche Keime enthalten, heißt es. Doch ist das wirklich der Grund? Es gibt noch weitere Anlässe für ein Verbot, die mit der Gesundheit der Bürger allerdings nur wenig zu tun haben, sind sich Kritiker sicher.

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Milchpackung, eigene Fotografie

Rohmilch darf in Deutschland nur ausnahmsweise verkauft werden, aus Gründen des Gesundheitsschutzes heißt es. Genauer geht es dabei in erster Linie um EHEC, Campylobacter, Salmonellen und Listerien, die in nicht erhitzter Vorzugsmilch enthalten sein können. Zulässig ist darum nur eine Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb, welcher eine Sondergenehmigung benötigt. Oder auch auf dem Wochenmarkt, sofern man eine Erklärung unterzeichnet hat, auf eigene Verantwortung zu handeln.

Eine der „Zehn Goldenen Regeln“ der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation, WHO) zur Vermeidung lebensmittelbedingter Infektionskrankheiten lautet: „Always buy pasteurized as opposed to raw milk“. Zu deutsch: Kaufe stets pasteurisierte Milch anstelle von Rohmilch. In den USA ist der Verkauf von Rohmilch seit 1986 praktisch illegal. In 40 Bundesstaaten ist der Verkauf im Einzelhandel untersagt, in 13 Bundesstaaten ist der Verkauf komplett illegal. Das betrifft die Milch ebenso wie Rohmilchprodukte, unter ihnen viele Käsesorten. Wer sie dennoch verkauft, muss mit Geld- und Haftstrafen rechnen. Der Handel mit Rohmilch wird also ähnlich wie Drogenhandel geahndet.

Die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) sagt: „Es ist zwar möglich, lebensmittelbedingte Krankheiten auch durch andere Lebensmittel zu bekommen, doch ist Rohmilch eine der riskantesten von allen.“ Nach Angaben der CDC erkranken jährlich 48 Millionen Menschen, also jeder sechste US-Bürger, am Verzehr kontaminierter Lebensmittel. Die Palette der „Krankmacher“ ist recht breit: Krustentiere, Eiern, Sprossen, Wein, Gemüse, Schweinefleisch, Tiefkühl-Hähnchen oder Thunfisch, heißt es. Nach Schätzungen der Times nehmen allein im US-Bundesstaat Kalifornien mindestens 100.000 Menschen einmal pro Woche Rohmilch zu sich. Zwischen 2007 und 2012, so die Daten, konnten in den Vereinigten Staaten insgesamt 979 Infektionen, 73 Krankenhauseinweisungen und 0 Todesfälle mit Rohmilch in Verbindung gebracht werden.



Nehmen wir einmal an, dass in den USA niemand Rohmilch trinkt, nur die 100.000 Kalifornier. Wir wissen, dass sie wöchentlich getrunken wurde, also gehen wir von nur einem Glas pro Woche aus. 100.000 Gläser x 52 Wochen * 5 Jahre = 26 Millionen Gläser Milch im genannten Zeitraum. Dadurch brachen 979 Erkrankungen aus, die mit Rohmilch in Verbindung gebracht werden können. Also besteht eine 0,0037%ige Chance, durch regelmäßigen Verzehr von Rohmilch an irgendetwas zu erkranken. Es ist sehr schwer vorstellbar, dass dies der Grund für ein Verkaufsverbot sein soll. Insbesondere, wenn man sich die vielen anderen Produkte ansieht, die im Supermarktregal stehen und der Gesundheit definitiv größeren Schaden zufügen.

Also was ist der wahre Grund? David E. Gumpert, Autor des Buchs glaubt, dass der wahre Grund für das Verbot ein ganz anderer ist. Rohmilch ist nur sehr kurz haltbar, was für große Konzerne unhandlich ist. Pasteurisierte Milch ist für die Unternehmen einfach zu produzieren, zu transportieren und zu lagern. Tatsächlich geht es beim Verbot von Rohmilch also vermutlich nicht um den Gesundheitsschutz der Verbraucher, sondern um den Schutz der Milchindustrie und der Großunternehmen, welche die Supermärkte beliefern, schlussfolgert Gumpert.