Die vergessenen weißen Sklaven aus Irland


by

Im Jahr 1839 wurde Großbritanniens erste Menschenrechtsorganisation gegründet. Damit endete der dortige, Jahrhunderte dauernde Sklavenhandel. Wenig bekannt ist: Viel billiger als afrikanische Sklaven waren jene irischen Ursprungs.

Weiße Sklaven aus Irland
Weiße Sklaven aus Irland, Bild: Heutige irische Flagge, gemeinfrei, Bearbeitung: Gegenfrage.com

Die Geschichte des afrikanischen Sklavenhandels ist sehr gut dokumentiert und wird insbesondere in den USA umfangreich an Schulen gelehrt. Weniger bis überhaupt nicht bekannt ist jedoch die Geschichte der irischen Sklaven, die laut verschiedenen Quellen keineswegs besser behandelt wurden als ihre afrikanischen Leidensgenossen.

John Martin vom Center for Research and Globalization in Montreal schrieb in einem Beitrag, dass der irische Sklavenhandel begann, als Jakob II von England 30.000 irische Gefangene als Sklaven in die Neue Welt verkauft hatte.



Gemäß seiner Proklamation von 1625 wurden irische politische Gefangene nach Übersee geschickt, um diese an englische Siedler in die Karibik zu verkaufen. Bereits zuvor im Jahr 1619 um die Osterzeit, rund vier Monate bevor die ersten afrikanischen Sklaven verschifft wurden, wurden rund 100 Kinder als „Vertragsknechte“ unfreiwillig in die nordamerikanische Kolonie transportiert.

Von nun an wurden Zehntausende Sträflinge, Bettler, Straßenkinder und andere unerwünschte Personen aus der englischen, schottischen und irischen Unterschicht auf Sklavenschiffen abtransportiert. Bis Mitte des 17. Jahrhunderts waren die meisten gehandelten Sklaven irischen Ursprungs.

100.000 Kinder

In den 1650er Jahren wurden über 100.000 irische Kinder im Alter von 10 bis 14 Jahren ihren Eltern entrissen und als Sklaven nach Westindien, Virginia und New England verkauft. Im selben Zeitraum wurden weitere 52.000 Iren, meist Frauen und Kinder, nach Barbados und Virginia verschifft und weitere 30.000 irische Männer und Frauen wurden auf Auktionen an Höchstbietende verkauft.

Im Jahr 1656 befahl Oliver Cromwell, Lordprotektor von England, Schottland und Irland, dass 2.000 Kinder aus Irland nach Jamaika verschifft werden sollten, um diese an englische Siedler zu verkaufen. Bis ins 18. Jahrhundert seien die irischen Sklaven „nicht mehr als menschliches Vieh“ für die Engländer gewesen, schreibt Martin weiter.

In dieser Zeit begann auch der afrikanische Sklavenhandel und es wurde überliefert, so Martin weiter, dass die afrikanischen zunächst wesentlich besser behandelt worden seien, als ihre irischen „Kollegen“. Zudem habe man Afrikaner für rund 50 Pfund gehandelt, für einen Iren hingegen meistens nicht mehr als 5 Pfund.

Laut einer Niederschrift wurden in einem Fall 132 irische Sklaven, Männer, Frauen und Kinder, über Bord geworfen und ertranken, weil die Vorräte unterwegs knapp geworden waren. Die übliche Todesrate auf den Schiffen belief sich auf 37% bis 50%.

Richard Ligon erlebte diese Zustände aus erster Hand, zeichnete diese auf und beschrieb sie im Jahr 1657 als „niemals dagewesene Grausamkeit“. Sean O’Callahan beschrieb die Situation der irischen Sklaven als „Hölle“, in der „irische Männer und Frauen wie Vieh“ behandelt wurden.

Sklavenzucht

Findige Engländer begannen damit, Frauen und Mädchen ab 12 Jahren von afrikanischen Männern begatten zu lassen, um die Kinder später als afrikanische Sklaven handeln zu können. Diese Praxis der „Zucht“ zwischen irischen Frauen mit afrikanischen Männern dauerte mehrere Jahrzehnte an.

Sie war später sogar so weit verbreitet, dass im Jahr 1681 ein Gesetz erlassen wurde, welches „die Paarung von Iren und Afrikanern zur Erzeugung neuer Sklaven“ verbot. Allerdings wurde dieses Gesetz nicht aus moralischen Gründen erlassen, sondern weil die Royal African Company durch die Zucht Geld verloren hatte.

Zuvor, im Jahr 1676, hatte es einen riesigen Sklavenaufstand in Virginia gegeben. Schwarze und weiße Sklaven kämpften gemeinsam gegen ihre Unterdrückung, Hunderte starben. Die Sklavenhändler befürchteten einen erneuten Aufstand.

Ihre Lösung war, die Sklaven untereinander aufzuteilen (teile und herrsche). Weiße Sklaven erhielten neue Rechte und wurden beispielsweise nicht mehr ohne Gerichtsbeschluss ausgepeitscht, auch erhielten sie andere Kleidung als die Farbigen und die Unterkünfte wurden getrennt.

Die meisten Sklaven wurden nach Amerika und Australien verschifft. Es ist nicht bekannt, dass jemals ein irischer Sklave nach Irland zurückkehrte. Viele starben, entweder beim Transport, oder durch Misshandlung oder Überlastung.

Andere kamen frei und lebten von nun an in amerikanischen Kolonien. In den Westindischen Inseln gab es einen Bevölkerungsanteil namens „Black Irish“, Nachkommen der schwarzen und irischen Sklaven.

Am 17. April 1839 wurde die erste Menschenrechtsorganisation „British and Foreign Anti-Slavery Society“ gegründet. Im Jahr 1839 beendete England somit endgültig das „alptraumhafte irische Elend“, schreibt Martin abschließend.

Quellenangaben anzeigen
irishcentral, globalresearch, ynw, radio2hot
');