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05.07.2015: Volksabstimmung in Griechenland


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Am 05. Juli 2015 führte die griechische Regierung unter Alexis Tsipras eine Volksabstimmung über von der „Troika“ verordnete neue Sparmaßnahmen durch. Die Bevölkerung stimmte dagegen, die Sparmaßnahmen wurden trotzdem umgesetzt.

Griechenland Volksabstimmung 2015
Griechenland Volksabstimmung 2015, Bild: Gegenfrage.com

An diesem Tag im Jahr 2015 fand in Griechenland eine Volksabstimmung über sogenannte Sparmaßnahmen im Zuge der schweren Wirtschaftskrise im Land statt. Nach Uneinigkeiten mit der „Troika“ (Eurozone, EZB und IWF), den Kreditgebern Griechenlands, kündigte die griechische Regierung Ende Juni unter Ministerpräsident Alexis Tsipras eine Volksabstimmung über geforderte Sparmaßnahmen an.

Tsipras war seit Februar desselben Jahres im Amt und hatte bereits während seines Wahlkampfs angekündigt, nicht mit der Troika zusammenzuarbeiten. Der neue Finanzminister Yanis Varoufakis bezeichnete die Kreditgeber und ihre Forderungen als „anti-europäisch“.



Tsipras sagte, das Rettungsprogramm sei „durch die Wahlen beendet“ worden. Die Troika gehöre „von nun an der Vergangenheit an“. Dies passte den internationalen Banken überhaupt nicht, zumal mindestens 80 Prozent der „Finanzhilfen für Griechenland“ direkt in den Finanzsektor weitergereicht wurden.

Forderungen der Troika

Die Griechen sollten selbst entscheiden, ob sie weitere Kürzungen im sozialen Sektor akzeptierten oder nicht. Die Kreditgeber forderten im Gegenzug für weitere Finanzhilfen zur Abwendung eines Staatsbankrotts Griechenlands massive Reformen in der Finanzplanung, im Rechtswesen und in der Altersversorgung.

Zudem betrachtete die Troika die angedachte Volksabstimmung von Beginn an als nicht verbindlich. Das Referendum war für den 05. Juli 2015 geplant und wurde tatsächlich durchgeführt. Die griechische Regierung empfahl ihren Bürgern, „Nein“ anzukreuzen, also gegen die von den Kreditgebern geforderten Kürzungen zu votieren.

Tsipras kündigte seinen Rücktritt im Falle eines „Ja“-Ergebnisses an. Die Staatschefs Frankreichs, Deutschlands, Italiens und anderer Mitgliedsstaaten der Eurozone sagten, dass Griechenland im Falle eines „Nein“-Ergebnisses aus der Währungsunion ausscheiden müsse (Grexit).

Alfred de Zayas und Virginia Dandan von den Vereinten Nationen kritisierten die Troika für ihre Kreditbedingungen und warnten vor einer Verletzung der bürgerlichen, kulturellen, wirtschaftlichen, politischen und sozialen Rechte der griechischen Bevölkerung.

Volksabstimmung und Rücktritt Varoufakis‘

Insgesamt 61,31 Prozent der Griechen stimmten mit „Nein“ ab, die Sparmaßnahmen waren damit abgelehnt. Linke und rechte europäische Parteien sprachen Griechenland ihre Unterstützung für das Wahlergebnis aus.

Finanzminister Yanis Varoufakis schlug einen Schuldenschnitt sowie die Ausgabe griechischer Schuldscheine und einer eigenen griechischen Währung vor. Zunächst parallel zum Euro als Zahlungsmittel. Zudem wollte er die Kontrolle über die griechische Zentralbank an die Regierung in Athen übertragen.

Damit sollte offensichtlich der Weg für einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone geebnet werden. Eine vorgesehene Bankenschließung zur Vermeidung eines Bank Runs lehnte Varoufakis als zu aggressiv ab. Als Varoufakis‘ Forderungen nicht angenommen wurden, trat er einen Tag nach der Volksabstimmung zurück.

Wurde Tsipras zurechtgestutzt?

Hintergrund des Rücktritts von Finanzminister Varoufakis war wahrscheinlich auch ein neuer Vorschlag über Sparmaßnahmen von Ministerpräsident Tsipras an die Troika. Dieser glich nahezu jenen Forderungen, die mit der Volksabstimmung abgelehnt worden waren.

Der Vorschlag ging am 09. Juli bei der Eurogruppe ein. Bereits vier Tage später konnten sich die griechische Regierung und die Kreditgeber auf neue Kürzungen einigen. Am 17. Juli kam es zu einer Regierungsumbildung, mehrere Minister wurden ersetzt. Die neuen Sparmaßnahmen wurden durchgesetzt und die Volksabstimmung in Griechenland war damit wertlos.

Am 20. August trat Ministerpräsident Tsipras zurück, laut einigen Quellen aus taktischen Gründen. Einen Monat später trat er seine zweite Amtszeit an und tanzt seither nach der Pfeife der Troika.

Tsipras setzte in seiner stark schrumpfenden Volkswirtschaft weitere Ausgabenkürzungen durch, „reformierte“ die Mehrwertsteuer und „liberalisierte“ einige Berufszweige, wie er später in einem Gastartikel auf Welt Online schrieb. Er „realisierte“ ein Privatisierungsprogramm und „verbesserte“ Gesetze für die Rahmenbedingungen von Investitionen.

In dem Artikel von Juni 2017 sagte Tsipras, dass Griechenland unbedingt eine „Umschuldung“ benötige, „damit die Wirtschaft atmen kann“. Er wies darauf hin, dass mehr Reformen umgesetzt wurden, als in jedem anderen Land und stimmte weiteren Maßnahmen bis 2020 zu, um „vereinbarte“ haushaltspolitische Ziele erreichen zu können.

Quellenangaben anzeigen
welt, newstatesman (deutsche übersetzung hier: neuesdeutschland), Brief an die Eurogruppe, bbc
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